Malin Lamparter
Regie und Text

CHRONISCHER ZUFALL

Ein Rechercheprojekt zu chronischer Erkrankung

Durch die Untertützung des Shift-Stipendiums der Stadt Stuttgart konnte ich mich 6 Monate lang mit Chronischen Erkrankungen, deren metaphorische Aufladung und der Rolle des Zufalls auseinander setzen.

Hier teile ich Ergebnisse meiner Recherche und Eindrücke aus meinem Alltag.

Es ist Montag der 27. November 2023. Ich habe meine Abschlussperformance über meine künstlerische Recherche immer wieder aufgeschoben, die Zeit wird eng inzwischen.
Ich bin seit Ende Oktober auf dem 3. Antibiotikum, seit dem 25. Oktober hab ich es 4 Tage aus dem Haus geschafft. Ich bin müde und mir ist schrecklich langweilig. So langweilig, dass ich es nichtmal richtig schaffe in Panik zu geraten, weil ich alll die Dinge, die ich tun müsste um Geld zu verdienen, um zu überleben, unmöglich tun kann.
Meine Tage ziehen sich lang, wie klebriges Kaugummi zwischen Mittelfinger und Daumen. Nur dass ich mein Kaugummi nie mehr so ziehen würde. Ich denke gar nicht daran, dass ich voll mit Keimen sein werde, ich denke daran, dass die Bakterien in meinem geschwächten Immunsystem ideale Fortpflanzugsbedingungen finden, dass sie in mir Resistenzen entwickeln könnten, die dann meinem Umfeld schaden könnten. Mein Körper ist ja schon gewöhnt daran, ständig liegen bleiben zu müssen, aber was, wenn das den andern Körpern um mich rum plötzlich auch so geht?

In den Farben meiner Tabletten

von Citizen.KANE.Radio

Nothing is more punitive than to give a disease a meaning
— that meaning being invariably a moralistic one.
Susan Sontag